Bestrafung von sexuellen Straftätern. Zeigt es Wirkung?
Wir stecken sexuelle Straftäter, Pädophile, Vergewaltiger ins Gefängnis. Verändern sie sich dort? Werden sie rückfällig? Die Antworten finden sie im Artikel …
Die Freiheitsstrafe ist schon seit Jahrhunderten die einzige Bestrafungsmethode. (jlp)
Die Bestrafung hat ihren Zweck
Für sexuelle Vergehen, die Gegenstand des Strafgesetzbuchs sind, wird in den meisten Fällen eine Freiheitsstrafe verhängt. Je größer das Verbrechen, desto größer die Strafe, oder besser gesagt, länger. Die Strafe ist das Sitzen im Gefängnis, der Freiheitsentzug. Natürlich hat die Strafe, so unangemessen sie auch sein mag, ihren Zweck. Robert Prentky, der Leiter des Justice Resource Institute, führt an, dass nur wenige sexuelle Straftäter rückfällig werden. Nach abgebüsster Strafe wiederholen um die 15 % ihre Tat. Dieser Prozentsatz ist jedoch von der Länge der Strafe unabhängig. Er ist von der psychischen Konstitution des Einzelnen, seiner Vergangenheit, der sozialen Einflüsse und anderer Faktoren, die seine Persönlichkeit geformt haben, abhängig. Deswegen wird schon lange darüber diskutiert, ob diese Menschen krank oder böse sind. Der Staat geht diesem Problem aus dem Weg, in dem er sich an das Gesetz hält. Der Staat ist primär nicht daran interessiert, wieso diese strafbare Handlung begangen wurde, sondern, wer sie begangen hat. Das Gesetz wurde gebrochen und dafür muss man bestraft werden.
Die Furcht einflößende Insel Alcatraz. Früher war die Zelle nicht nur ein Ort, mit dem die Freiheit genommen wurde, sondern auch ein Ort, wo man ums Überleben kämpfen musste. (jlp)
Manche Methoden zeigen Wirkung
In der Zeitschrift „Sexual Abuse: A Journal of Research and Treatment (Vol. 14, No. 2)“ wurden ein Bericht und die Beschreibung der Methode, die bewiesen den Prozentsatz der Rückfälligen senkt, veröffentlicht. Bei zwei repräsentativen Stichproben ist der Prozentsatz von 17,3 % auf 9,9 % gefallen. Der prozentuale Unterschied ist nicht so groß, da der Prozentsatz allgemein schon sehr niedrig ist. Es ist aber jeder Prozentpunkt wichtig, weil wir so den Einzelnen helfen können, die auf den schiefe Bahn geraten sind und wieder in die Gesellschaft integriert werden möchten, ohne rückfällig zu werden. Hierbei spielt die Einschätzung der Wiederholungsgefahr als Faktor eine wichtige Rolle. Bestimmte Mechanismen ermöglichen dem Häftling, durch sein Verhalten auf die Länge seiner Haftstrafe und somit die Rückkehr in die Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Es ist jedoch sehr schwer, objektiv zu dieser Einschätzung zu kommen. Die Aufrichtigkeit des Häftlings über seine Gefühle, den psychischen Druck, kann die Entscheidung des Psychologen über die Entlassung beeinflussen. Andererseits ermöglicht Aufrichtigkeit eine Veränderung des Menschen und seines geistlichen Zustands. Diese Aufrichtigkeit, mit der sich der Mensch geistig weiterentwickelt, kann für den Psychologen aber auch ein Grund sein, den Häftling als eine größere Gefahr einzuschätzen, die er tatsächlich ist.
Alle, die die Schwere von sexuellen Vergehen bezweifeln, sollten sich den Film Irreversible ansehen. Am Ende des Films fragen Sie sich dann, ob die Strafe überhaupt dem Verbrechen gleichwertig sein kann und ob sie zur Katharsis führt. (jlp)
Hilfe sollte sofort geleistet werden
Obwohl manche Menschen der Meinung sind, dass sexuelle Straftäter nichts anderes als Abschaum sind, der sofort beseitigt werden müsste, hat die Fachwelt herausgefunden, dass ihnen sofort Hilfe geleistet werden sollte. Dem Häftling sollte nicht erst auf seinen Wunsch geholfen werden. Ihm sollte Hilfe so schnell wie möglich angeboten werden, auch wenn sich der Häftling nicht dafür entscheidet. Das Gefängnisleben ist nicht leicht und zum Überleben muss er mit Druck umgehen können. Dafür sehen Häftlinge ihre Strafe nicht mehr als Strafe, sonder als eine Ungerechtigkeit an. Sie unterdrücken ihre Schuld, an ihrer Stelle treten Wut und Abgestumpftheit, ein verlorenes und perverses Gefühl für Richtig und Falsch hervor. Ein Mensch, der mit Wut und Aggression angegriffen wird, setzt sich meistens auch mit Wut und Aggression zur Wehr. Und das Gefängnis ist der ideale Ort dafür, endgültig abzustumpfen und in Hass zu versinken. Deswegen ist John Q. LaFond (Juraprofessor an der Universität in Missouri) aufgrund der Studien zu der Meinung gekommen, dass die Rehabilitation des Häftlings gleich nach seiner Einweisung ins Gefängnis beginnen sollte. Nur so kann die Möglichkeit erhöht werden, dass der Häftling sich in einen „normalen“ Bürger wandelt, der seine strafbaren Handlungen nicht mehr wiederholen wird. Das wirkt sich gut auf die potentiellen Opfer, das staatliche Strafsystem und nicht zuletzt auch auf den Häftling aus.
Wenn wir einen Weg wählen können, der Gutes mit sich bringt, wieso sollten wir als Gesellschaft noch an den mittelalterlichen Bestrafungsmethoden festhalten? Wenn unsere Entscheidungen noch immer auf Rachegefühlen beruhen, dann sind wir als menschliche Gesellschaft nicht weit gekommen.
